Presto: Update und Hintergründe

Ende Februar lancierten wir gemeinsam mit anderen Gruppen eine Solidaritätskampagne zur Unterstützung des Arbeitskampfes der Zeitungszusteller:innen der Presto AG. Wir wollten den Kampf bekannt machen und unsere Nachbarschaften involvieren. Ende April haben die Angestellten ein Angebot der Presto angenommen. Es beinhaltet eine substanzielle Lohnerhöhung, blieb aber deutlich unter den ursprünglichen Forderungen. Zum Streik ist es nicht gekommen.

Der Arbeitskampf und die Solidaritätskampagne sind damit vorerst beendet. Die Arbeiter:innen von Presto haben uns mit ihrem kämpferischen Bewusstsein inspiriert und wir können für die Zukunft von ihren Erfahrungen lernen.

Der folgende Artikel aus dem 1. Mai-Extrablatt der OA beleuchtet die Hintergründe und die Perspektiven des Kampfes der Presto-Arbeiter:innen.:,D

Presto: Kämpfen lohnt sich!

Die Arbeiter:innen des Zeitungszustellers Presto AG kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen. Eine Kampagne unterstützte sie in der entscheidenden Phase.

Die Frühzusteller:innen von Presto tragen bei Wind und Wetter die Tageszeitungen aus. Manche von Ihnen stellen den Wecker auf 2:30 Uhr. Dann bringen sie den Blick, den Tages-Anzeiger, die NZZ oder das Tagblatt pünktlich zum Morgenkaffee ins Haus.

Die Schichten sind kurz und der Stundenlohn liegt bei 19 Franken. Der Lohn wird nicht aufgrund der effektiv geleisteten Arbeitszeit bezahlt, sondern er basiert auf einer theoretischen Berechnung. In dieser sind vereiste Treppenstufen, kaputte Türschlösser und Unwetter natürlich nicht berücksichtigt. Das bedeutet noch mehr Stress.

Die Presto AG ist ein Tochterunternehmen der Schweizerischen Post. Der gelbe Riese tut alles in seiner Macht stehende, um Verbesserungen der Arbeitsbedingungen zu verhindern. Der Logistikmarkt ist sehr umkämpft. Die Frühzustellung hat keine lange Zukunft mehr vor sich, weil immer weniger Menschen gedruckte Zeitungen abonnieren. Den Arbeiter:innen von Presto ist dies bewusst. Deshalb fordern sie, dass sich ihre Arbeitsbedingungen jetzt verbessern und nicht erst irgendwann.

Die Presto-Arbeiter:innen forderten in den GAV-Verhandlungen unter anderem eine Lohnerhöhung auf 21 Franken pro Stunde und drohten mit Streik. Die Presto AG weigerte sich lange, auf diese Forderungen einzugehen. Erst als deutlich wurde, dass die Arbeiter:innen tatsächlich zum Kampf entschlossen sind und eine Solidaritätskampagne anrollte, legte sie ein gutes Angebot vor.

Kampagne für Solidarität im Quartier

Inspiriert vom kämpferischen Bewusstsein der Presto-Arbeiter:innen, bildeten mehrere linksradikale Gruppen in Zürich ein Solidaritätskomitee. Ziel war es, den Arbeitskampf bekannt zu machen und die Quartiere zu involvieren. Tausende von Stickern wurden verteilt, die die Nachbarschaft informierten und als Zeichen der Solidarität an die Briefkasten geklebt werden konnten.

Der Kampf der Presto-Arbeiter:innen steht beispielhaft für die Voraussetzungen für Arbeitskämpfe in unserer Zeit. Die Arbeiter:innen sind vereinzelt und sehen sich kaum. Es ist schwierig für sie, miteinander in Kontakt zu treten und sich zu organisieren. Gleichzeitig schreitet gerade in der Logistik die Verdichtung der Arbeit durch Digitalisierung immer weiter voran. Für die Arbeiter:innen bedeutet dies mehr Stress und eine weitere Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse, weil sie einfacher ersetzbar werden.

Doch der beste Algorithmus bringt nichts, wenn sich Menschen weigern, Befehle auszuführen – und Zeitungen, Pakete oder Pizzen nicht ausgeliefert werden. In den letzten Jahren haben Arbeitskämpfe im Feld der Logistik zugenommen, auch in der Schweiz, etwa bei Smood, Planzer, DPD oder jetzt bei Presto. Auf den Erfahrungen dieser Kämpfe können Arbeiter:innen aufbauen. Denn es stellen sich immer ähnliche Fragen: Wie können wir uns organisieren? Welche Kampfmittel gibt es? Wovor haben die Bosse am meisten Angst?

Gleichzeitig lohnt es sich, unsere Quartiere in die Arbeitskämpfe einzubeziehen. Der Arbeitsplatz von Logistikarbeiter:innen ist auf den Strassen und in den Treppenhäusern. Insofern sind sie nicht vereinzelt, sondern sie sind Teil der Nachbarschaft. Wir können Mittel und Wege finden, wie sich daraus Momente der Solidarität erzeugen lassen. Als Klasse sind wir schliesslich alle von Teuerung, mehr Stress und Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse betroffen. Gemeinsam können wir uns dagegen wehren.

Dieser Artikel erschien im 1. Mai-Extrablatt der OA Zürich.

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