
Am 19. Februar 2020 wurden in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet. Mit unserem Wandbild in Zürich gedenken wir Said Nesar Hashemi, Ferhat Unvar, Kaloyan Velkov, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Sedat Gürbüz, Fatih Saraçoğlu, Mercedes Kierpacz und Vili Viorel Păun. In grosser Trauer und in Solidarität mit den Angehörigen und Überlebenden fordern wir Anerkennung und Gerechtigkeit.:,D
Die Angehörigen und Überlebenden des Anschlags kämpfen seit fünf Jahren unermüdlich für die Aufarbeitung. Dabei haben sie zahlreiche Versäumnisse und Vertuschungsversuche der Behörden aufgedeckt. Der Staat will keine Rechenschaft darüber ablegen, wie es überhaupt zu den Morden kommen konnte, welche Rolle die Polizei darin spielte und welche Mängel es in der Aufarbeitung gibt.
Wie immer, wenn der Staat in rassistische Gewalttaten verwickelt ist – oder sogar selbst schiesst, wie im Fall von Nzoy und vielen anderen – müssen die Betroffenen und Angehörigen für Aufarbeitung und Konsequenzen kämpfen. Meist jahrelang und gegen den Widerstand von Polizei, Justiz und Politik. Es ist wichtig, diese Kämpfe zu unterstützen und die Verantwortlichen und Kompliz:innen rassistischer Gewalt nicht davonkommen zu lassen.
Weder bei der Aufarbeitung rassistischer Morde noch bei der Bekämpfung des Faschismus können wir uns auf den Staat verlassen. Im Gegenteil: Polizei und Justiz sind Teil des Problems. Wir müssen auf unsere eigenen Kräfte bauen – auf die Selbstorganisierung der Betroffenen von rassistischer und faschistischer Gewalt und auf die Solidarität aller Arbeiter:innen.
Rechtsextreme Gewalt steht in einem Zusammenhang mit dem Rassismus bei Polizei und Justiz. Zwischen Nazistrukturen und der Polizei gibt es nicht nur personelle Überschneidungen. Die Verbindung zeigt sich auch im alltäglichen strukturellen Rassismus des Polizei- und Justizapparats. Menschen, die von Bullen, Staatsanwält:innen und Richter:innen als migrantisch kategorisiert werden, sind von Racial Profiling und weiteren Formen der expliziten Ungleichbehandlung betroffen. Hanau war kein tragischer Einzelfall: Ein Faschist hat neun Menschen ermordet – seine Ideologie und seine Tat können nicht unabhängig von der Gesellschaft betrachtet werden.
Rechte und faschistische Kräfte werden stärker, sowohl in den Parlamenten als auch auf der Strasse: Rassistische Hetze und die Legitimation und Verherrlichung von Gewalttaten wie die in Hanau sind weit verbreitet. Fährt ein migrantischer Attentäter in eine Gewerkschaftsdemo, wie dies vor einigen Tagen in München geschehen ist, wird diese Tat zum Anlass für rassistische Hetze genommen. Es werden umgehend mehr Sicherheit, harte Strafen, Abschiebungen und die Verteidigung «europäischer Werte» – was auch immer das sein soll – versprochen. Ermordet ein bekennender Nazi neun Menschen, wird von einem tragischen Einzelfall gesprochen, der unmöglich hätte verhindert werden können.
Der Ausbau von Law and Order und die Verschärfung von Datenschutzgesetzen in vielen Ländern erweitern die staatlichen Überwachungsbefugnisse. Gekoppelt an eine krasse Ausweitung der Exekutivmacht, wie beispielsweise in der Türkei, in Ungarn oder in den USA, ebnet sich der Faschismus so seinen Weg. In den Diskussionen um «Sicherheit» werden rassistsiche Narrative in die breite Bevölkerung getragen und faschistische Lösungsvorschläge bestärkt. So verkündeten im Dezember 2024 rechte Politiker:innen und gestandenen Neonazis in Kloten ihrem Nachwuchs, dass sie Geld und Jobs an Leute zu vergeben hätten, welche sich in ihrer Freizeit für ihre menschenfeindliche Ideologie einsetzen.
Rassismus dient den Herrschenden dazu, die Überausbeutung und Unterdrückung von rassifizierten Menschen zu legitimieren. Gerade in Krisenzeiten wollen sie, dass wir nach unten treten, statt uns gemeinsam mit unseren Geschwistern zu wehren. Hanau nicht zu vergessen bedeutet, rassistische und faschistische Strukturen konsequent zu bekämpfen. Wehren wir uns und kämpfen wir als Klasse gegen die kapitalistische Ausbeutung und die faschistischen Schergen der Herrschenden! Führen wir Kämpfe von unten und stellen wir in unserer Organisierung und in unserem Widerstand die gemeinsamen Interessen in den Vordergrund. Schützen wir uns gegenseitig! Unsere Vielfalt ist unsere Stärke im Kampf für ein sicheres Leben für alle!
Niemals allein – immer zusammen.
Schulter an Schulter gegen den Faschismus!