Textilarbeiter:innen in Bangladesch

Seit mehreren Wochen kämpfen hunderttausende Textilarbeiter:innen in Bangladesch für höhere Löhne. Sie bestreiken die Fabriken, zerstören Firmeneigentum und blockieren Strassen. Polizei und Militär versuchen die Kämpfe mit aller Härte zu beenden. Bisher kamen fünf Arbeiter:innen ums Leben.:,D

Bangladesch ist der grösste Textilproduzent der Welt. Hunderttausende Arbeiter:innen produzieren Kleidung für internationale Konzerne wie H&M, Adidas, Nike, GAP, Hugo Boss, Abercrombie & Fitch oder Discounter wie Lidl oder Walmart. Rund 85% von ihnen sind Frauen. Der Mindestlohn liegt aktuell bei umgerechnet 73$ pro Monat (bei über 48 Stunden pro Woche), was nicht zum Leben reicht. Die Streikenden fordern eine Verdreifachung auf 228$.

Das Gerede von «fairen Arbeitsbedingungen» und «nachhaltiger Produktion» sind PR-Lügen der Konzerne, die mit der Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Süden fette Profite machen. Keine Fair-Trade-Labels werden sie stoppen, sondern nur die Arbeiter:innen, welche beschliessen, diese Verhältnisse nicht mehr zu akzeptieren.

Wir schicken solidarische Grüsse vom Black-Friday-Wahnsinn in der Zürcher Bahnhofstrasse zu den Streikenden in Bangladesch. Euer Kampf ist unser Kampf. Überwinden wir den Kapitalismus!

November 2023

Trans Day of Remembrance

Heute, am Trans Day of Remembrance, gedenken wir all denen, die zu früh aus ihrem Leben gerissen wurden. Hier sind die Namen derer, die in den letzten drei Jahren in Europa ermordet wurden – eine Liste, die nicht nur Trauer, sondern auch Wut in uns auslöst. Viele Namen bleiben unbekannt, und bei weiteren Todesfällen werden die Ermordeten nicht als trans erfasst, was strukturelle Unsichtbarkeit verstärkt. Diese Namen bieten nur einen kleinen Einblick in die tatsächliche Realität. Die meisten Fälle weltweit werden weiterhin nicht gemeldet. Diejenigen, die gemeldet werden, erhalten nur geringe Aufmerksamkeit.:,D

Die Namen und Geschichten, die wir kennen, zeigen uns, dass die Gewalt gegen trans Personen auch eine Klassenfrage ist: In Europa waren in diesem Jahr 78% der ermordeten trans Menschen, deren Beruf bekannt ist, Sexarbeiter:innen, 45% waren Migrant:innen oder Geflüchtete.

Lasst uns die Namen ehren, die wir kennen, und gleichzeitig darauf aufmerksam machen, dass jede unsichtbare Person eine Geschichte hat. Gleichzeitig gedenken wir denjenigen, die aufgrund unerträglicher erlebter Gewalt als trans Personen ihr Leben beendet haben.

Lasst uns die Namen in die Welt tragen und Schulter an Schulter weiter für eine Welt frei von Gewalt für alle kämpfen. Die Ermordung von trans Personen ist nicht nur individuelles Leid, sondern hat System. Und das System ist angreifbar.

Quelle: https://transrespect.org

OA Bar

Am Freitag, 10.11.23 steht die zweitletzte OA-Bar dieses Jahres an! Diesmal gibts einen Input zu revolutionärer Basisarbeit, danach Barbetrieb und Platz zum Austausch.

Genoss:innen von Zürich Solidarisch erzählen von ihren Erfahrungen im täglichen Handgemenge um Arbeit und Wohnen. Zudem bringen sie einige Ideen und Konzepte vom Austausch mit verschiedenen Gruppen aus Deutschland mit, die sich der revolutionären Stadtteilarbeit verschrieben haben. Was können wir von den Erfahrungen deutscher Stadtteilorganisationen für unsere Praxis in Zürich lernen?

LEERSTAND NOTSTAND AUFSTAND


Dass in Zürich eine Wohnungskrise herrscht, brauchen wir niemandem zu erzählen. Leerstand gibt es vor allem bei Büros und Verkaufslokalen, freie Wohnungen gibt es kaum. Am 1. Juni 2023 waren in der Stadt ganze 144 Wohnungen zur Vermietung ausgeschrieben. Das ist ein Anteil von 0.06%, was offiziell als Wohnungsnotstand bezeichnet wird. Darauf angesprochen merkte ein Immobilienberater gegenüber der Zeitung 20 Minuten an, dass es deswegen eigentlich «Strassenschlachten geben müsste».:,D

Unsere Krise – ihre Profite
Es wird immer schwieriger, eine Wohnung zu finden, die man sich leisten kann. Bei Wohnungsbesichtigungen bilden sich lange Schlangen und auf den Immobilienportalen werden absurde Preise verlangt. Die Mieten stiegen im letzten Jahr um sechs Prozent. Seit 2005 sind die Preise für das Wohnen in der Stadt Zürich explodiert: 15 Prozent Anstieg bei bestehenden Mietverträgen und 39 Prozent bei den Neumieten. Die Neumieten betreffen junge Menschen, die aus ihrem Elternhaus ausziehen, aber auch neugegründete Familien, Lohnabhängige aus anderen Gemeinden, die in der Stadt arbeiten und vor allem diejenigen, die sich aufgrund von Sanierungen ihre ehemaligen Wohnungen nicht mehr leisten können und in Zürich keinen neuen Wohnraum finden.

Wir kriegen die Krise, das Immobilienkapital macht fette Profite. In der ganzen Stadt wird günstiger Wohnraum teuer saniert oder gleich ganz abgerissen, um aus luxuriösen Appartements und Ersatzneubauten noch mehr Kohle rauszuholen. Immobilien sind «sichere Wertanlagen», weshalb gerade in Krisenzeiten Banken, Versicherungen und Pensionskassen ihr Kapital in diesen Sektor pumpen. Institutionelle Anleger kaufen Immobilien und sanieren was das Zeug hält, was die Preise und Mieten nach oben treibt. Die grösste Vermieterin der Stadt ist die UBS (inkl. CS), gefolgt von Swiss Life. Diese Wertanlagen sind deshalb sicher, weil wir ja irgendwo wohnen müssen und deshalb gezwungen sind, die immer weiter steigenden Mieten zu bezahlen.

Sozialdemokratische Politik in einer neoliberalen Stadt
Auch die linken Parteien – allen voran die SP – haben die Wohnungskrise als Wahlkampfthema entdeckt. Sie prangern die Verhältnisse so lautstark an, dass man manchmal fast vergisst, dass in Zürich seit bald dreissig Jahren eine links-grüne Regierungsmehrheit am Ruder ist. Und diese Mehrheit macht eine durchaus erfolgreiche Politik – für den Wirtschaftsstandort.

In den 1990er Jahren war Zürich wie viele andere Städte von der Deindustrialisierung gezeichnet. Jobs in der Industrie wurden abgebaut, Wohlhabende zogen in die Agglomeration. Zurück blieb eine sogenannte «A-Stadt», bewohnt von Armen, Alten, Arbeitslosen und Ausländer:innen. Für die Bewohner:innen bedeutete das aber auch günstige Mieten und viel Platz: In dieser Zeit beginnt auch die Hochphase der Hausbesetzer:innen-Bewegung. Nach und nach wurde die Stadt Zürich jedoch wieder hip und attraktiv. Die Sozialdemokrat:innen betrieben erfolgreiche Standortpolitik und betreiben sie bis heute. Standortpolitik heisst, finanzkräftige Unternehmen und Bewohner:innen anzuziehen und die Armen, Arbeitslosen und Randständigen aus der Stadt zu verdrängen. Sie passen nicht mehr ins Stadtbild und kosten nur Geld. Aufwertung heisst Vertreibung. Weil wir keine Wohnung mehr finden. Weil uns unsere Treffpunkte genommen werden. Weil Menschen mit erhöhter Polizeipräsenz und rassistischen Personenkontrollen drangsaliert werden.

Das Gentrifizierungs-Portfolio der sozialdemokratischen Stadtregierung ist lang: Mit der Europaallee hat sie eine Schneise der Verdrängung durch ein ehemals proletarisches Quartier gezogen. Kleine Läden, altes Gewerbe und ansässige Lohnabhängige mussten hippen Kaffees, Shops für Luxusartikel und Menschen mit grossen Portemonnaies Platz machen. Und weil eine Europaallee nicht reicht, wurde auf der anderen Seite der Gleise mit der Zollstrasse gleich noch eine zweite gebaut. Wie die Europaallee ist auch der Andreasturm in Oerlikon ein Projekt der SBB Immobilien. Als Wolkenkratzer aus Glas und Beton aus dem Baukasten neoliberaler Stadtaufwertung entnommen und von den Prime-Tower-Architekt:innen entworfen, bietet der Andreasturm Platz für Büroflächen, teure Läden und schicke Gastrobetriebe. Die SBB Immobilien sind zwar ein Staatsbetrieb, haben aber den Auftrag, so viel Profit wie möglich zu generieren. Was das bedeutet, haben wir beim Neugasse-Areal gesehen: Auf die Forderung der Stadtbevölkerung, dort gemeinnützigen Wohnraum statt Luxuswohnungen zu bauen, sperrt sich die SBB und baut auf dem Areal vorläufig einfach gar nichts.

Widerstand von unten bauen
Das Immo-Kapital und die Stadtregierung haben die Rechnung ohne uns – die Bewohner:innen dieser Stadt – gemacht. Erst kürzlich hat eine breite Bewegung in Wollishofen einen Deal zwischen dem damaligen SP-Stadtpräsidenten und der Kibag Holding AG vermasselt: Beim GZ Wollishofen dürfen jetzt keine teuren Blocks gebaut werden. Das linke Seeufer gehört allen!

Immer mehr Menschen organisieren sich in ihrem Quartier. Wir tun uns mit unseren Nachbar:innen zusammen, um den Verkauf, die Luxussanierung oder den Abriss unserer Häuser zu verhindern. Wir wehren uns gegen die Überbauung von Erholungsräumen. Wir besetzen leerstehende Häuser, um Orte für Wohnraum und Kultur zu schaffen, die allen offenstehen und nicht nur den Gutbetuchten. Und ab und zu ziehen wir als wütend-shiny «Reclaim the Streets»-Umzug durch die Strassen und geben einen Tropfen Sachschaden auf den heissen Stein der Gentrifizierung. Like a Diamond in the Sky!

«Oisi Stadt, oisi Quartier» ist nicht nur eine Demoparole, sondern eine Perspektive. Organisieren wir uns! Lasst uns widerständige Quartiere schaffen. Egal ob Mietwohnungen oder Squats: Verteidigen wir gemeinsam unsere Häuser und Freiräume, genauso wie unsere Parks, Spielplätze und Badestellen, unsere Kneipen und Kiosks, unsere Werkstätten und Ateliers, all das, was unsere Quartiere lebenswert macht. Es ist Zeit, die Gestaltung unserer Quartiere, unserer Stadt und den Verlauf unserer Geschichte in die eigenen Hände zu nehmen. Dahin kommen wir nur, wenn wir widerständige Strukturen von unten bauen und gemeinsam als Klasse kämpfen.

Die Wohnungsfrage ist eine Klassenfrage
Als Arbeiter:innen, als Mieter:innen, als Arbeitslose und Geringverdienende dieser Stadt, als an den Rand gedrängte und Obdachlose, als Erziehungspersonen und alleinerziehende Mütter, als von Sexismus Betroffene und als Menschen die ständig rassistischen Polizeikontrollen ausgesetzt sind, stehen wir der Klasse der Besitzenden unversöhnlich gegenüber. Ihr materielles Interesse an schrankenloser Anhäufung von Kapital und der Maximierung ihrer Profite laufen unserem Bedürfnis nach einem guten Leben entgegen. Wir sind es, die mit unserer Arbeit, unserer sozialen Reproduktion und unserer gesellschaftlichen Praxis, die Stadt zu dem machen, was sie ist. Wir sind es, die den Wohlstand dieser Gesellschaft schaffen, den sich die Besitzenden im Prozess der kapitalistischen Produktion und Zirkulation unter den Nagel reissen.

Die Gentrifizierung ist ein Angriff des Kapitals auf die proletarische Bevölkerung. Wir dürfen aber nicht vergessen: Die Wohnkrise steht nicht für sich alleine. Sie ist ein Ausdruck des krisenhaften Kapitalismus. Die Wohnungskrise ist Teil der Krise der sozialen Reproduktion. Die steigenden Mieten gehen mit steigenden Preisen für Lebensmittel, höheren Energiekosten und teureren Krankenkassenprämien einher. Dazu kommen die Flexibilisierung und Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse. Immer mehr von uns haben Schwierigkeiten, ihr Leben zu bestreiten. Der Druck steigt.

Die Kämpfe gegen steigende Mieten gehören also zusammen mit Kämpfen um höhere Löhne, für bezahlbare Lebenshaltungskosten, für den Zugang zu sozialer und medizinischer Versorgung, für körperliche Selbstbestimmung, Bewegungsfreiheit und Bleiberecht für alle. Es liegt auf der Hand, dass wir uns nicht auf die Versprechen der Politik verlassen, mag sie noch so sozial und grün daherkommen. Vielmehr müssen wir auf die eigenen Kräfte setzen und unsere Kämpfe auf alle Bereiche des Lebens ausweiten. Auf ihre Wohnungskrise antworten wir mit unserer Klassensolidarität und kollektivem Widerstand!

Schaffen wir gemeinsam widerständige Quartiere!
Organisieren wir uns gegen Immo-Konzerne, Chefs und Cops!

OA Bar

Vor einem Jahr, am 16. September 2022, erlag Jina Amini in Teheran ihren Verletzungen, die ihr Mitglieder der Sittenpolizei drei Tage zuvor zugefügt haben. Ihr gewaltsamer Tod war der Auslöser für einen beeindruckenden Aufstand der Frauen, der Jugend und der Arbeiter:innen. Nach einem Jahr des revolutionären Prozesses im Iran blicken wir zurück: Wo steht die Bewegung heute? Was ist im vergangenen Jahr genau passiert? Wie ist das alles historisch einzuordnen? An der OA-Bar vom Freitag, 13. Oktober 2023 ab 20 Uhr gehen wir diesen Fragen nach und setzen uns mit iranischem Nationalismus und Imperialismus auseinander.

In Winterthur wie in Zürich – wir bleiben alle!

Vor zehn Jahren, am 21. September 2013, gingen in Winterthur unter dem Motto «Standortfucktor» über tausend Menschen gegen die kapitalistische Stadtaufwertung auf die Strasse. Der Name Standortfucktor ist zu einem Symbol für den Kampf gegen Gentrifizierung geworden, und für die politische Widerstandsbewegung Winterthurs ist diese Demonstration bis heute einer der wichtigsten Bezugspunkte. Auf den Tag genau zehn Jahre später und im Andenken an diesen wichtigen Anlass gibt es nun wieder eine Mobilisierung in Winterthur, der Kampf geht weiter.

Wir unterstützen die Winterthurer Genoss:innen und rufen euch alle auf, an diese Kundgebung zu gehen! Zürich und Winterthur sind längst zu einer grossen Agglomeration zusammengewachsen, unsere Kämpfe sind unmittelbar miteinander verbunden!

Die kapitalistische Stadtenwicklung ist angreifbar! Verbinden wir die Kämpfe um Wohnraum, Mieten, kulturelle Freiräume und ein solidarisches Zusammenleben. Kämpfen wir gemeinsam gegen Luxussanierungen, die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums und rassistische Polizeikontrollen!

In Winti wie in Züri: Wir bleiben alle!

Gegen den «Marsch fürs Läbe»

Unser Feminismus gegen ihren rechten Kulturkampf!

Am 16. September 2023 findet in Zürich bereits zum 13. Mal der sogenannte «Marsch fürs Läbe» statt. Seit sich die Organisator:innen zum ersten Mal in Zürich auf die Strasse getraut haben, leisten wir gegen sie Widerstand. Und das aus guten Gründen: die Organisationen des Aufmarschs propagieren ein durch und durch reaktionäres Geschlechterbild sowie rassistische und völkische Ideale.:,D

Feministisch erkämpfte Errungenschaften werden angegriffen – verteidigen wir sie!

Wenn die Teilnehmer:innen des «Marsch fürs Läbe» durch die Strassen von Zürich, Berlin oder Paris ziehen, vermitteln sie oft dasselbe Bild: Vor allem ältere Menschen tragen Kreuze vor sich her, singen christliche Lieder und demonstrieren gegen das Recht auf Abtreibung. Als Zuschauer:in liegt der Schluss nahe, sie einfach als engstirnig aber irrelevant abzutun. Doch das wäre fatal! Die «Pro-Life»-Bewegungen rund um den «Marsch fürs Läbe» haben in den letzten Jahren vielerorts in Europa Zulauf erhalten und wissen politisch sowie finanziell enorm einflussreiche Netzwerke hinter sich.

Richtet man den Blick nach Polen oder in die USA, so wird schnell klar, was geschehen kann, wenn solche Kräfte, neurechte Weltbilder und der ewig kriselnde Kapitalismus zusammenkommen: Seit 2022 existiert in den USA kein allgemeines Recht auf Abtreibung mehr. Besonders proletarische Menschen, welche nicht über Geld oder Beziehungen für einen sicheren Schwangerschaftsabbruch im Ausland verfügen, müssen gefährliche Abtreibungen im Verborgenen vornehmen. Auch in Polen, wo das Recht auf Abtreibung 2020 faktisch abgeschafft wurde, sterben jährlich viele Personen durch Erkrankungen in der Schwangerschaft oder improvisierte Abtreibungen. Es ist klar: unsichere Schwangerschaftsabbrüche gehören global zu einem von fünf Hauptrisiken für Müttersterblichkeit. Ein sicherer Schwangerschaftsabbruch braucht legale Wege – doch gegen solche Wege organisieren sich immer mehr rechts-konservative Strömungen und Organisationen.

Weltweite Vernetzung der Abtreibungsgegner:innen – organisieren wir uns dagegen!

Unmittelbar nachdem im Juni 2022 das Urteil des Obersten Gerichtshofs in den USA den Weg für Abtreibungsverbote ebnete, gingen auch in der Schweiz Organisationen auf die Strasse, um ein solches Verbot für die Schweiz zu fordern. Unter ihnen waren die Initiant:innen des «Marsch fürs Läbe» sowie Exponent:innen der SVP. Die SVP versuchte kürzlich zwei Initiativen zur Beschneidung des Rechts auf Abtreibung zu lancieren (und scheiterte damit vorläufig). Ebenso aktiv beim Fordern eines Abtreibungsverbots waren Personen der Bewegungen «40 days for life», «Agenda Europe» und des «Weltfamilienkongresses». Diese Organisationen sind Teil eines weltweit gut strukturierten und finanzstarken Netzwerks. In den Jahren 2009 bis 2018 investierten verschiedene NGOs, religiöse Organisationen, politische Parteien und Stiftungen allein in die «Pro-Life»-Bewegungen in Europa rund 700 Millionen Dollar. Ein Grossteil des Geldes stammt dabei aus ultrakonservativ-religiösen Kreisen in den USA, die das Ziel verfolgen, diese Bewegung in Europa zu stärken.

Eine der einflussreichsten Organisationen in den USA, welche die «Pro-Life»-Bewegung auch in Europa massgeblich mitfinanziert, ist die «Billy Graham Evangelist Association». Mit sogenannten Massengebetsversammlungen, die sie als «Kreuzzüge» bezeichnen, mobilisieren sie seit Jahren gegen Abtreibungen, aber auch gegen Muslim:innen und LGBTIQ.

In Frankreich hat der 71-jährige katholisch-konservative Milliardär und Unternehmer Vincent Bolloré sein Medienimperium soeben um die Zeitung «Journal du Dimanche» erweitert und sie gleich treuen Anhängern des rechtsextremen ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Eric Zemmour zur Leitung übergeben. Bolloré ist bekannt für seine abtreibungsfeindlichen und antifeministischen Meinungen, die regelmässig über seine Medienkanäle in die Welt gesendet werden.

Diese Beispiele zeigen auch deutlich auf, dass die Abtreibungsgegner:innen politisch nicht «nur» im «Pro-Life»-Sumpf zu verorten sind, sondern dass sie sich stark von den Antreibern einer «konservativen Revolution» angesprochen fühlen oder sich von ihnen instrumentalisieren lassen. Die Versuche, die Grenzen des Sagbaren immer weiter nach rechts auszudehnen, zielen auf den Erhalt und den Ausbau rückwärtsgewandter und patriarchaler Gesellschaftsstrukturen ab. Rechte, antifeministische Kräfte, zu denen der «Marsch fürs Läbe» zählt, wollen Kapitalismus, Ausbeutung und Unterdrückung innerhalb ihrer konstruierten Volksgemeinschaft oder Nation aufrechterhalten.

Der Aufschwung der Rechtskonservativen zeigt sich auch in der Schweiz

In den vergangenen Monaten gab es Angriffe neurechter Gruppen gegen den Pride-Monat und auch die SVP hat die sogenannte «Gender-Ideologie» zu einem politischen Fokus für die Wahlen 2023 erhoben. Die SVP sowie viele neurechte Gruppen und Strömungen sehen in der Kleinfamilie die Grundlage für sogenannte «westliche» Werte und Nationen und diese wiederum als Bollwerk gegen den allgemeinen «gesellschaftlichen Zerfall». Wer nicht dem Ideal der christlich-bürgerlichen Familie entspricht, wird zu einer Bedrohung für die nationale Gemeinschaft erklärt. Reproduktionsrechte – wie die freie Entscheidung über Abtreibung – werden so ideologisch zur Arena eines national-konservativen Kulturkampfs. Die Folge dieser Entwicklungen widerspiegelt sich direkt in gestiegenen Zahlen von Übergriffen auf Menschen der LGBTIQ-Bewegung.

Gegen den rechten Kulturkampf bauen wir Gegenmacht auf

Weltweit haben Feminist:innen das Recht, selbst über Schwangerschaften entscheiden zu können, hart erkämpft. Antifeministische Angriffe auf diese Errungenschaften richten sich insbesondere gegen schwangere Menschen aus der arbeitenden Klasse. Indem wir uns organisieren und unsere Kämpfe kollektivieren, bauen wir Gegenmacht auf. Die starke feministische Bewegung der letzten Jahre zeigt uns, wie wir revolutionäre Politik vorwärtsbringen können und wie feministische Gegenmacht in der Lage ist, patriarchale Strukturen aufzubrechen. Als proletarische Klasse können wir den reaktionären Entwicklungen entgegenwirken, indem wir die Logiken und Funktionsweisen dieser Bewegungen aufschlüsseln und indem wir unsere Rechte verteidigen – so auch am 16. September 2023 in Oerlikon. Wir gehen nicht hinter die erkämpften Errungenschaften zurück! Gemeinsam können wir revolutionäre Perspektiven fassbar machen. Organisieren wir uns für eine solidarische Gesellschaft!

Organisierte Autonomie Zürich, September 2023

Veranstaltung mit Rona Torenz

Samstag, 09. September 2023 ab 19:30 in der ZWZ.

Teil 2 unseres Fokus auf das Recht auf Abtreibung: die Veranstaltung mit Rona Torenz («Ja heisst Ja?», Schmetterling Verlag 2019) am Samstag, 09. September 2023 um 19.30 in der Zentralwäscherei Zürich. Wir diskutieren die Frage, wieso Abtreibung weltweit ein so umkämpftes Thema bleibt.:,D

Wir werfen einen Blick auf die Rolle der Gebärfähigkeit im Kapitalismus, um die unterschiedlichen patriarchalen Vorstellungen und Ungleichheitsideologien rund um das Thema Schwangerschaftsabbrüche zu beleuchten und zu verdeutlichen. Wir laden euch herzlich ein, teilzunehmen, Fragen zu stellen und euch an der Diskussion zu beteiligen!